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Englisch als Wissenschaftssprache

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Ich habe mich auf twitter über eine Ausschreibung der Association of Research Institutes in Art History für den besten online-Aufsatz der letzten drei Jahre geärgert, weil dort die Lieferung in Englisch oder alternativ in einer englischen Übersetzung des Originals gefordert wird. Zur Erläuterung: Der Preis beträgt 1000 $, das Gleiche müsste man wahrscheinlich auch etwa für die Übersetzung berechnen. Und das bei sehr ungewissen Aussichten, den Preis zu bekommen. Jetzt könnte man zynisch sagen, dass dann immerhin eine Version vorliegt, die auch allgemein verständlich ist. 

Da ist übrigens was dran. Wahrgenommen wird man eigentlich nur noch auf Englisch. Und Wahrnehmung - alternativ als "Visibilität" formuliert - wird für die Karriere immer wichtiger. Da sollte man sich von konservativen Sprachverteidigern nichts vormachen lassen, so recht sie in mancher Hinsicht auch haben. Die angloamerikanische Welt geht inzwischen wie selbstverständlich davon aus, dass alle Welt englisch spricht, was man unter anderem daran merkt, dass sich Redner von dort meist gar nicht mehr dafür entschuldigen, dass sie nicht in der jeweiligen Landessprache reden, sondern gleich auf Englisch loslegen. Aufsätze einer englischsprachigen Zeitschrift auf deutsch vorzulegen, um sie auf Veröffentlichungsfähigkeit prüfen zu lassen, ist inzwischen völlig aussichtslos. Dass hier andersherum eine kulturelle Verarmung auf seiten der Angloamerikaner mit sich bringt, gegenüber der europäische (und andere) Vielsprachigkeit einen klaren, wenn auch ein wenig unkonkreten Vorteil bieten, hat Horst Bredekamp völlig zurecht einmal auf dem Hannoveraner Digitalkongress der VW-Stiftung im letzten Jahr bemerkt.

Also: Ich kann insbesondere Jüngeren nur empfehlen, ab und zu einmal einen Beitrag auf Englisch zu veröffentlichen. Die einzige Chance für die Mehrsprachigkeit in den Wissenschaften könnte zukünftig ansonsten in der automatischen Übersetzung liegen. Über deren Qualität macht sich der zünftige Geisteswissenschaftler zwar gerne mal lustig, aber bis elektronische Lösungen voll funktionsfähig waren, hat er das immer gemacht, um dann in eine diffuse Kulturkritik zu fallen, wenn er konkret ja mal wieder danebengelegen hat. 

Übrigens: Es ist natürlich absolut lobenswert, dass hier mal klassische Institutionen der Kunstgeschichte überhaupt einen solchen Preis in einem Gebiet ausschreiben, das an vielen anderen Stellen immer noch schief angesehen wird!