I. Warum zeichnen?

Am Anfang der Ausstellung werden die Ziele und unterschiedlichen Adressatenkreise des Zeichenunterrichts dargestellt. Dem Besucher soll dabei verdeutlicht werden, dass Zeichnen bis ins 20. Jahrhundert hinein eine Praxis darstellte, die keineswegs nur für Künstler relevant war, sondern die im Gegenteil in weiten Teilen der Gesellschaft zur Anwendung kam. Ohne Fähigkeiten im Zeichnen ließ sich weder als Künstler oder Handwerker noch als Ingenieur oder Wissenschaftler arbeiten. Auch in der Freizeit wurde traditionell gezeichnet.
Sichtbar wird der gesamtgesellschaftliche Stellenwert des Zeichnens in der Ausstellung anhand von Zeichenlehrbüchern für unterschiedliche Zielgruppen. So publizierte beispielsweise der Zeichenlehrer und Mitbegründer des botanischen Vereins zu Hamburg Ferdinand Bruns 1922 eine naturwissenschaftliche Zeichenlehre, die sich speziell auf das apparatgestützte Zeichnen nach mikroskopischen Präparaten konzentriert. Darin versucht Bruns Techniken zu vermitteln, mit Hilfe derer objektive Graphiken, frei von individuellen Anteilen und stilistischen Konventionen, erzeugt werden. Im Zeichnen sah Bruns, wie viele Naturwissenschaftler vor ihm, die Möglichkeit gegeben, das Auge durch genaues Beobachten zu einem differenzierenden, analytisch agierenden Sinnesorgan auszubilden. Das Medium ‚Zeichnung’ diente ihm dazu, einzelne Bestandteile der vielgestaltigen Natur zu isolieren, zu untersuchen und in künstliche Ordnungsstrukturen zu überführen. Darüber hinaus werden in diesem Raum auch Zeichenlehren und Vorlagenwerke ausgestellt, die sich speziell an Kunstschüler, Laien und intellektuelle Adlige, an gewerbliche Zeichner und weitere Adressatenkreise richten.

 

Vorschau der Exponate

I.1.1 Gérard de Lairesse: Grondlegginge Ter Teekenkonst, Amsterdam: Willem de Coup 1701
Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, CA 282/303 (1 R
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I.1.2 Johann Christoph Weigel: Nützliche Anleithung zur edlen Zeichnung-Kunst, Nürnberg: Weigel [um 1705]
Privatsammlung
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I.1.3 Giacomo Franco [ / Palma il Giovane]: De Excellentia et Nobilitate Delineationis Libri Duo, Venedig [1611]
Institut für Kunstgeschichte der LMU, München
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I.1.4 Hans Witzig Punkt, Punkt, Komma, Strich, München: Heimeran [um 1952]
Universitätsbibliothek Heidelberg, 2015 C 1356 RES
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I.1.5 The artists repository and drawing magazine, London: Taylor 1808, Bd. 1
Privatsammlung
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I.1.6 Willem Goeree
Natuurlyk En Schilderkonstig Ontwerp Der Mensch-Kunde, Amsterdam: Roman 1753
Privatsammlung
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I.2.1 E.O. Richter & Co. Chemnitz
>Präcision< Reißzeug, 1920er Jahre
Universität Tübingen, Fachbereich Mathematik
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I.2.2 Emile Auguste Reiber
Propagande Artistique Du Musée Reiber, Paris: Ateliers Du Musée-Reiber 1877
Privatsammlung
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I.2.3a Cours de Dessin ornamental, Tournai [nach 1911]
Cours St-Charles, Orléans. Salle de Dessin [um 1934]
Privatsammlung
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I.2.3b Fréderic Vernon
Preismedaille für technisches Zeichnen, Bronze vergoldet 1895
Privatsammlung
Louis Alexandre Bottée
Preismedaille der Stadt Paris für Zeichenunterricht der Kinder, Silber 1897
Privatsammlung
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I.2.4 Pio Panfili
Frammenti Di Ornati Per Li Giovani Principianti Nel Disegno, [Bologna?] 1783
Privatsammlung
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I.3.1 James Hamilton Fennell
Drawing-Room Botany, London: Thomas 1840
Privatsammlung
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I.3.2 Louis Charles Dupain de Montesson
La Science Des Ombres, Paris: Louis Cellot 1786
Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, CA 241/930 R
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I.3.3 Ferdinand Bruns
Die Zeichenkunst im Dienst der beschreibenden Naturwissenschaften,
Jena: Fischer 1922
Privatsammlung
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I.4.1 Jost Amman
Kunstbüchlein, Frankfurt am Main: Johann Feyrabend 1599 (Faksimile)
Staatliche Graphische Sammlung, München
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I.4.2 Annibale Carracci (oder Schule)
Zeichner beim Modell, Rote Kreide, um 1600 (Faksimile)
Staatliche Graphische Sammlung, München
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I.4.3 Sébastien Le Clerc
Principes De Dessein, Paris: Jeaurat [1700 u. 1738]
Privatsammlung
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I.4.4 Johann Quirin Jahn
Zeichenbuch für Künstler und Liebhaber der freyen Handzeichnung,
Prag: Balzer 1803
Privatsammlung
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5.1 Nouveau Livre du Dessein, [um 1775]
Privatsammlung
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I.5.2 Eugéne-Emmanuelle Violet-le-Duc
Histoire d’un dessinateur, Paris: Hetzel 1881
Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, V Vi 35/18
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I.5.3 Peter Paul Rubens
Théorie De La Figure Humaine, Paris: Jombert 1773
Privatsammlung
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I.5.4 C.D.H
Theoretische und praktische Anweisung zur Zeichen- und Mahlerkunst,
Altona / Leipzig 1788
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I.6.1 Anfangsgründe der Freien Handzeichnung, Wiener Neustadt: Adam und Compagnie 1787
Privatsammlung
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I.6.2 Jean-Baptiste-François Bosio
Traité Élémentaire Des Règles Du Dessin, Paris: Tiger [1800/1801]
Privatsammlung
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I.6.3 Carl Alexander von Heideloff / Walther Philipp
Der kleine Anatome oder Handbuch des figürlichen Zeichnens, Nürnberg:
Riegel und Wießner 1830
Universitätsbibliothek Heidelberg, 2015 C 1539 RES
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I.6.4 Henry Peacham
The Compleat Gentleman, London: Thrale 1661
Privatsammlung
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I.6.5 William Salmon
Polygraphice, London: Crumpe 1675
Privatsammlung
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I.6.6 Le Petit Maitre De Dessin: Paysage, [Paris ca. 1865]
Privatsammlung
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I.7.1 sog. Venus vom Esquilin
Original: Rom, Kapitolinische Museen, Marmor, H. 157,5 cm, 1. Jh.v.Chr.
Abguss: Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg,
Antikenmuseum und Abguss-Sammlung
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I. Warum zeichnen?