I.15

Christus als erster Begründer von Religion
Der Mailänder Aristokrat und seinerzeit bedeutende Vertreter des Jesuatenordens, Paolo Morigi (1525–1604), versucht mit seiner religionshistorischen Schrift, die Entwicklung der Formen und Regeln des religiösen Lebens in Okzident und Orient nachzuzeichnen.

Morigi geht dabei von der Annahme aus, dass Christus der erste Begründer von Religion sei und sich alle späteren Religionen von den christlichen Regeln entfernt haben. Die Jungfrau Maria gilt ihm als Prototyp wahrer Religiosität, als die ‚Finderin‘ (trovatrice) des religiösen Lebens und ‚Erfinderin‘ (inventrice) der monastischen Perfektion.
Er beschreibt die Entfaltung des Christentums, ägyptische Eremiten, die Gründungen religiöser Gemeinschaften und die Lebensmodi in Kongregationen und Ritterorden. Im Anschluss an das Christentum berichtet der Autor über das Heidentum im Orient (Indien und Japan) und in der Antike (Rom und Ägypten). Im dort herrschenden Götzenkult stößt der Jesuat punktuell auf mit dem Christentum vergleichbare Formen der Gottesverehrung und kulturelle Brauchtümer. Auffällig ist, dass der Autor mit keinem Wort die Neue Welt erwähnt, während er das genau 50 Jahre später entdeckte Japan mit einbezieht.
 

I.15 Paolo Morigi: Historia dell'origine di tutte le religioni, Venedig: Bonfadio, 1586
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, HB 1402

I. Der Blick auf alle Religionen und Riten der Welt